Forstwirtschaft, wie es nicht sein soll

Vielleicht hast Du es schon mit eigenen Augen gesehen, die gruseligen Skelettwälder, die tausende von Hektaren in der Bundesrepublik in einen Massenfriedhof verwandelt haben. Vom Böhmischen Wald bis zum Oberharz, überall gibt es sie. Millionen gegen den Himmel gerichteter, mahnende knöchrige Zeigefinger, die den Wahnwitz der modernen Waldwirtschaft zum Himmel anklagen.

Leider zeigen sie in die falsche Richtung. Nicht der Himmel ist verantwortlich für diese Naturkatastrophe, wir Menschen sind es. Genauer gesagt, ignorante Waldbesitzer, und verantwortungslose Politiker.

Die Ursache hinter dem grauenerweckenden Problem? Je nachdem, wen man fragt ist es ein entweder kleiner mörderischer Käfer oder die rücksichtslose Geldgier der Menschen.

Der Mörder ist immer der…

In diesem Falle nicht der Gärtner, sondern ein unscheinbarer, sogar süßer Winzling von Käfer – der Borkenkäfer. Im Harz gibt es Gegenden wo Du eine halbe Stunde lang mit 100km/h auf der Landstraße durch Skelettwälder fahren kannst, wo du nicht einem lebenden Baum begegnest. Es ist unvorstellbar, wie ein kleiner Käfer so eine massive Zerstörung anrichten kann. Der Gedanke fällt eher auf ein Atomares Armageddon, so wie man sich in den 80’er Jahren die Zukunft vorgestellt hat.

Aber erst mal rein in die Details.

Der Borkenkäfer ist kein Einzeltäter

Borkenkäfer ist ein Familienname und bezeichnet eine große Familie von Rüsselkäfern. Für jede Art von Waldbaum gibt es mindestens einen Borkenkäfer, der sich genau auf diesen Baum spezialisiert hat. Die Forstwirtschaft beschuldigt „den Borkenkäfer“ als den gefährlichsten aller Schädlinge. Die schlimmsten darunter sind der Buchdrucker und der Kupferstecher.

Beide diese Käfer leben in Fichten. Dort legen sie auch ihre Eierchen und die winzigen Larven fressen sich lustig durch das saftige Holz, bis sie sich verpuppen und selbst zu Käfern werden. Dann beginnt ein neuer Zyklus. So ist es seit Jahrtausenden gewesen. Und trotzdem haben wir immer wunderbare Wälder gehabt. Also, wie hängt das zusammen?

Das Gesetz von Angebot und Nachfrage

Anhänger der freien Marktwirtschaft sind der Meinung, daβ dies das einzige Gesetz ist das die Menschheit wirklich braucht. Naja, der Borkenkäfer glaubt das vermutlich auch.

Der Clou ist, der Borkenkäfer ist in Wirklichkeit ein sekundärer Schädling. Auf gut Deutsch bedeutet das, daβ er nur Bäume anfällt, die schon geschädigt sind. Wie Raubtiere sich immer die kranken und schwachen Beutetiere aussuchen, so sucht der Borkenkäfer Bäume, die schon krank sind. Gesunde und starke Bäume können die kleinen Käferchen nämlich ohne weiteres an der Leine halten.

Leider sind die wenigsten Menschen imstande von außen zu sehen ob ein Baum gesund ist oder kränkelt. Krankheiten, Pilze, Mangelerscheinungen, Zivilisationserkrankungen, wie wir Menschen, so haben auch Bäume ihre Gesundheitsprobleme.

Monokulturen geben ein unbegrenztes Angebot

Das tiefliegende Problem mit den Borkenkäferwäldern sind die massiven Fichten-monokulturen. Tausende von Quadratkilometern Wälder, wo es nur Fichten gibt. Viele davon mit geringer genetischer Variation, aufgrund von jahrhundertelanger Inzucht. Forstwirtschaftler und Waldbesitzer pflanzen seit Generationen die Fichtenkulturen, die am schnellsten wachsen. Die Bäume werden so dicht wie möglich gepflanzt, damit sie schnell in die Höhe schießen. Durch die große Dichte muss jeder Baum mit seinen Nachbarn um das Sonnenlicht konkurrieren.

knorriger baum

Unsere Wälder sind schon lange nicht mehr natürlich, oder gesund. Systematische Forstwirtschaft gibt es schon seit über 1000 Jahren, und die endlosen deutschen Fichten Monokulturen gibt es seit mindestens 400 Jahren.

Und so geht alles wieder von vorne los

Genau so lange gibt es auch die Borkenkäfer Plagen, ungefähr so alle 10-12 Jahre. Alle Bäume in diesen Monokulturen sind praktisch von vornherein krank, aufgrund deren unnatürlichen Lebensbedingungen. Alles was es braucht sind begünstigende Umstände, wie z.B. eine Dürreperiode. Dann werden die Bäume massenweise so krank, daβ der Borkenkäfer freies Spiel hat. Der verbreitet sich wie ein Lauffeuer, so lange bis sich die Umstände wieder ändern. Oft, weil der Mensch dann mit massiven Giftangriffen eingreift.

Das ist natürlich ein totaler Kahlschlag in der Welt der Mikroorganismen und Insekten, was wiederum zu mehr geschwächten Ökosystemen führt. Damit ist die Grundlage für die nächste Borkenkäferkatastrophe schon gelegt.

Der Inbegriff von Dummheit ist, wenn jemand dieselbe Handlung wiederholt, aber andere Konsequenzen erwartet. Und so werden die Skelettwälder wieder mit Fichten-monokulturen aufgeforstet. Bis zum nächsten Mal, dann.

In der Zwischenzeit schreien die geschädigten Waldbesitzer nach staatlicher Hilfe. Da setzt man dann gerne die Doktrinen der freien Marktwirtschaft auf Pause – bis zu den nächsten Wahlen.

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